Seit 2022 steigen die Asylgesuche in der Schweiz. Um dem Bedarf an zusätzlichen Unterbringungsplätzen gerecht zu werden, haben die Behörden im Rahmen der Notfallplanung mehrere temporäre Zentren eröffnet, darunter auch Zivilschutzanlagen.
Die Integration der Gesuchssteller wird dadurch erschwert.
Die Bedenken der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) bezüglich der Situation in den temporären Bundesasylzentren werden durch Berichte der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) bestätigt. Sie hat zwischen März und September 2023 einige dieser Zentren besucht. Die entsprechenden Berichte beleuchten die bislang kaum bekannten Lebensbedingungen in den temporären Bundesasylzentren. Die SFH begrüsst diese Arbeit und unterstützt die Empfehlungen der Kommission.
Problematische Bedingungen für geflüchtete Kinder und Familien
Die Berichte bestätigen die Bedenken der SFH bezüglich der Situation in den temporären Zentren, insbesondere in den Zivilschutzanlagen. Die Bedingungen in diesen Unterkünften sind schwierig: enge Platzverhältnisse, kein Tageslicht, keine klare Trennung von Schlaf-, Ess- und Gemeinschaftsräumen, keine Rückzugsmöglichkeiten, unzureichende Belüftung etc. Unter solchen Umständen steigt das Risiko für Konflikte. Gleichzeitig mangelt es jedoch an Massnahmen zur Gewaltprävention. Darüber hinaus sind mutmassliche Fälle von Gewalt, die der NKVF gemeldet worden waren, unzureichend dokumentiert und untersucht worden.
Ein weiterer problematischer Aspekt: Die temporären Zentren sind absolut ungeeignet für unbegleitete geflüchtete Kinder. Trotzdem werden zwei Zentren, und zwar eine Zivilschutzanlage in Aesch und die Kaserne Les Rochats in Provence, für ihre Unterbringung genutzt. Bei ihren dortigen Besuchen hat die NKVF festgestellt, dass Fachpersonal, Aktivitäten und eine Tagesstruktur fehlen. In anderen temporären Zentren sind geflüchtete Familien mit Kleinkindern laut der Kommission prekären Lebensbedingungen ausgesetzt.
Die Grundrechte von Asylsuchenden gewährleisten
Das Schweizer Asylsystem steht seit über einem Jahr unter grossem Druck. Diese Situation darf aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) allerdings nicht zu einer Verletzung der Grundrechte von Asylsuchenden führen. Es braucht gerade in temporären, dezentralisierten und manchmal isolierten Zentren klare Verantwortlichkeiten und Weisungen, welche konsequent eingehalten werden müssen.
Die Empfehlungen der NKVF decken sich mit der Haltung der SFH, insbesondere in Bezug auf die unangemessenen Bedingungen in den Zivilschutzanlagen. Die dortigen Unterbringungen sollten so kurz wie möglich dauern und vulnerable Personen sowie begleitete und unbegleitete Kinder sollten auf keinen Fall unterirdisch untergebracht werden. Eine gute Betreuung, ein Controllingsystem und Massnahmen zur Gewaltprävention müssen Priorität haben.
Massnahmen auch für temporäre Zentren
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat sich zu den Feststellungen und Empfehlungen der NKVF geäussert. Es führt an, dass es für die Bundesasylzentren wichtige Massnahmen ergriffen habe, wie die Anstellung von eigenem Personal, das für die Sicherheit und Gewaltprävention zuständig ist, und die Lancierung eines Pilotprojekts für eine externe Meldestelle. Die SFH begrüsst diese Massnahmen und unterstreicht, wie wichtig es ist, diese auch in den temporären Zentren zu implementieren.
Integrations-Stau droht
Dass es unter diesen harschen Bedingungen schwierig ist, die Asylsuchenden ausreichend in ihrem Integrationsprozess zu begleiten, stellt sich auch die grundsätzliche Frage danach, welche Alternativen es für Menschen, die aufgrund von Armut und Naturkatastrophen den Weg in die Schweiz suchen, geben könnte.
Alternativen zur Armutsflucht
Die Schweiz sollte sich für die Betroffenen in den Herkunftsländern engagieren und in folgenden Punkten vermehrt Unterstützung leisten.
Bekämpfung von Schleppertum und Menschenhandel
Gesundheitliche Versorgung
Ernährung
Finanzierung von Aus- und Weiterbildung
Unterstützung/Begleitung bei der Gründung von Kleinexistenzen durch Mikrokredite/Coaching.
Gerade Aus- und Weiterbildungsprogramme sollten so konzipiert werden, dass diese mit den Anforderungen in der Schweiz kompatibel wären.
Mittels passenden Lehrgängen könnte erreicht werden, dass Absolventen die Möglichkeit erhalten nach erfolgreichem Abschluss hierzulande als Arbeitskräfte zu wirken - ein klares Win-Win für beide Seiten.
Teilquelle:
Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH)
Kommentare