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Jung, gut ausgebildet und stellenlos - KI und Praktika als wichtige Treiber

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Neues Phänomen: Jung, gut ausgebildet, stellenlos - welche Rolle spielen KI und Praktika?

Dieser Tage berichtete* „20 Minuten“ darüber unter dem Titel „Stellen-Frust: Jung, gute Ausbildung – und trotzdem arbeitslos“:

„Auf Social Media berichten junge Menschen, dass sie erfolglos nach einem Job suchen. Personalexperten bestätigen: Junge Bewerbende haben es derzeit in gewissen Branchen besonders schwer.“


Was im Artikel von 20 Minuten verschwiegen wird: Spezifische Aufgaben und Routinetätigkeiten von Arbeitnehmer mit Berufslehre/Studium werden zunehmend durch KI automatisiert. So wird das Personal effizienter und schneller. Die Folge: Es braucht weniger Personal. Hinzu kommt das Ausnutzen junger gut ausgebildeter Fachkräfte als „Praktikanten“.

Man spricht von der „Generation Praktikum“.


Welche Arbeiten in den Bereichen kaufmännisch und akademisch übernimmt in der Arbeitswelt neu die KI, sodass es dazu keine Menschen mehr braucht?


Die KI dient in diesen Bereichen meist als Werkzeug zur Unterstützung und Effizienzsteigerung. Auch ändert die KI die Anforderungsprofile vieler Jobs.

Im kaufmännischen Bereich (Büro und Verwaltung) sind vor allem routinebasierte, administrative Tätigkeiten von einer weitgehenden Automatisierung betroffen. Diese erfordern häufig eine hohe Zahlen- oder Sprachkompetenz, aber weniger menschliche Interaktion, Kreativität oder komplexe, nicht-algorithmische Entscheidungen.


Betroffene Aufgaben - konkrete Beispiele


Datenerfassung und -verarbeitung:

Manuelle Eingabe von Rechnungen, Belegen oder Kundendaten; Überprüfung einfacher Dokumente auf Vollständigkeit.


Buchhaltung und Rechnungswesen:

Sortieren und Kategorisieren von Transaktionen; automatisiertes Erstellen einfacher Berichte und Bilanzen; Reisekostenabrechnung.


Kundenkommunikation (Routine):

Beantwortung standardisierter Anfragen über Chatbots oder automatisierte E-Mails; Terminvereinbarungen und -verwaltung.


Dokumentenerstellung und -bearbeitung:

Erstellung von Standardbriefen, Protokollen oder Produktbeschreibungen; automatisierte Zusammenfassungen von Texten.


Personalmanagement (HR):

Erstes Screening von Bewerbungsunterlagen; Verwaltung von Stammdaten.


Logistik und Disposition:

Optimierung von Routen; Bestandsmanagement und automatisierte Nachbestellung.


Akademischer Bereich (Wissenschaft und Analyse):

Im akademischen und analytischen Bereich übernimmt KI vor allem Tätigkeiten, die mit der Verarbeitung großer Datenmengen und der Generierung von Texten oder Code verbunden sind.


Datenanalyse und Statistik:

Durchführung komplexer statistischer Auswertungen; Mustererkennung in Big Data; Erstellung von Prognosen und Simulationen (z. B. in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften).


Recherche und Informationssammlung:

Automatisierte Literatursuche; Zusammenfassung wissenschaftlicher Publikationen; Identifizierung relevanter Quellen.


Juristische Assistenz:

Durchsuchen großer Mengen von Gesetzestexten und Präzedenzfällen; Erstellung erster Entwürfe von Verträgen oder Rechtsdokumenten (Juristen müssen jedoch weiterhin urteilen und argumentieren).


Software-Entwicklung und Programmierung:

Generierung von Programmen, Code-Vorschlägen oder einfachen Code-Abschnitten; Fehlererkennung und Debugging.


Texterstellung (standardisiert):

Erstellung von Basis-Artikeln, Übersetzungen von Standardtexten, Verfassen technischer Dokumentationen oder Berichten (z. B. im Journalismus oder der technischen Dokumentation).


Wissenschaftliche Assistenz:

Organisation von Forschungsdaten; automatisierte Erstellung von wissenschaftlichen Abbildungen oder Modellen.


Medizin/Pharmazeutik


Forschung & Entwicklung:

Wirkstoffentdeckung; Identifizierung neuer Molekülkandidaten und potenzieller Angriffspunkte für Medikamente.


Diagnoseunterstützung:

Analyse bildgebender Verfahren (MRT, Röntgen, CT) zur schnellen Erkennung subtiler Anomalien (z.B. Tumore, Frakturen, Netzhauterkrankungen).


Prüfung & Testung / Prädiktive Modellierung: Vorhersage der Wirksamkeit, Toxizität und möglicher Nebenwirkungen von Wirkstoffen, bevor teure Labortests beginnen.


Präzisionsmedizin/Therapie:

Entwicklung personalisierter Behandlungspläne und Vorhersage, wie gut ein Patient auf bestimmte Medikamente (z.B. Chemotherapie) reagieren wird.


Klinische Studien:

Optimierung der Studien; Beschleunigung der Patientenrekrutierung durch Analyse elektronischer Gesundheitsakten (EGA) nach passenden Kandidaten.


Früherkennung & Prävention:

Identifizierung von Risikopatienten (z.B. für Demenz, Herzkreislauferkrankungen) anhand von Gesundheitsdaten und Wearables, um Präventionsmassnahmen einzuleiten.


Versorgung & Prozesse:

Produktionsoptimierung; Überwachung der Fertigungsprozesse zur Qualitätskontrolle und zur prädiktiven Wartung von Maschinen (Predictive Maintenance).


Klinische Verwaltung:

Entlastung des Personals durch automatische Codierung von Diagnosen, Triage von Patienten oder Strukturierung von Arztberichten mittels Natural Language Processing (NLP).


Warum Menschen noch gebraucht werden


KI ist zwar extrem effizient bei algorithmischem Denken und der Bearbeitung von Routinen, hat aber Schwierigkeiten bei Aufgaben, die menschliche Schlüsselkompetenzen erfordern.

Kritisches Denken und Urteilsvermögen:

Das Abwägen komplexer, nicht-standardisierter Sachverhalte oder ethischer Dilemmata (z. B. bei Richtern, Ärzten, Führungskräften).


Kreativität und Innovation:

Entwicklung völlig neuer Konzepte, Strategien oder unvorhersehbarer Lösungen.


Soziale und emotionale Interaktion:

Empathie, Überzeugung, Verhandlung und die ganzheitliche Betreuung von Menschen (z. B. in der Pflege, Pädagogik oder Sozialarbeit).


Strategische Führung: Langfristige, visionäre Planung und Personalführung.


Im Allgemeinen führt die KI im kaufmännischen und akademischen Bereich zu einem Wandel der Jobs, bei dem der Fokus von Routinearbeit hin zu kreativer Problemlösung, KI-Management und menschlicher Interaktion verschoben wird.


Welche neuen Berufsausbildungen/Studium kommen durch KI im Berufsleben neu hinzu?


Die Künstliche Intelligenz (KI) führt seltener zu völlig neuen Berufsbildern, sondern vielmehr zur Entstehung neuer Spezialisierungen, Studiengänge und Ausbildungen, die sich auf die Entwicklung, den Einsatz, die Verwaltung und die ethische Überwachung von KI-Systemen konzentrieren.


Neue Bildungsangebote entstehen primär in den Bereichen Technologie und in Schnittstellenfächern, die KI-Wissen mit traditionellen Disziplinen verbinden.


Akademische Ausbildung (Studium)


Viele Universitäten und Hochschulen haben spezielle Studiengänge oder Vertiefungen etabliert, um Experten für die KI-Ära auszubilden.


Studiengänge nach Fachgebiet bzw. Fokus


Künstliche Intelligenz (B.Sc./M.Sc.):

Entwicklung und Training von KI-Modellen, Machine Learning, Deep Learning, neuronale Netze und Algorithmen.


Data Science & Analytics:

Sammlung, Strukturierung und Analyse von großen Datenmengen (Big Data) als Grundlage für KI-Systeme und datengetriebene Entscheidungen.


Machine Learning Engineering:

Implementierung und Skalierung von Lernmodellen in produktiven Anwendungen; Fokus auf Softwareentwicklung und Systemarchitektur.


AI Governance und KI-Ethik:

Entwicklung von Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI, Bewertung von Fairness und Nachvollziehbarkeit (Explainable AI).


Angewandte KI in Fachbereichen:

Interdisziplinäre Studiengänge, die KI-Wissen mit spezifischen Domänen verbinden, z.B. Wirtschaftsinformatik, Medizininformatik, Robotics oder Computational Linguistics.


Berufliche Ausbildung und Spezialisierung


Auch im Rahmen von Berufsausbildungen und Weiterbildungen entstehen neue Profile, die den Fokus auf die Nutzung und Verwaltung von KI legen.


Berufe/Spezialisierungen bzw. Fokus


Fachinformatiker:in für Daten- und Prozessanalyse:

Eine anerkannte Fachrichtung, die sich auf die Aufbereitung von Daten für KI-Systeme und die Optimierung von Geschäftsprozessen durch Automatisierung konzentriert.


Prompt Engineering (Weiterbildung/Zusatzqualifikation):

Spezialist:innen für die effektive Steuerung von generativen KI-Modellen (wie ChatGPT oder Bild-KIs) durch präzise Anweisungen (Prompts), um optimale Ergebnisse zu erzielen.


AI Business Specialist / KI-Manager:in:

Fachkräfte (oftmals in Weiterbildungen qualifiziert), die KI-Lösungen wirtschaftlich in Unternehmensprozesse integrieren, den ROI bewerten und die Teams schulen.


Digital-/Medien-Designer:in mit KI-Fokus:

Mediengestalter:innen, die generative KI-Tools (Text-zu-Bild, Text-zu-Video) beherrschen, um kreative Prozesse zu beschleunigen und die Ergebnisse der KI final zu bearbeiten.


Die neuen Job-Rollen


Zusammenfassend lassen sich die neuen Job-Rollen, die aus diesen Ausbildungen hervorgehen, in drei Hauptkategorien einteilen.


Die Architekten und Entwickler:

Data Scientists/Engineers, Machine Learning Engineers; Personen, die die KI-Systeme von Grund auf bauen, trainieren und warten.


Die Anwender und Integratoren:

Prompt Engineers, AI Business Specialists; Personen, die KI-Tools in bestehende Arbeitsabläufe einführen, steuern und kommerziell nutzen.


Die Regulierer und Ethiker:

AI Ethicists, AI Governance Manager; Personen, die sicherstellen, dass die KI-Anwendungen fair, sicher und gesetzeskonform sind.


Neue Ausbildung in der Schweiz - EFZ AI Business Specialist


Die in der Schweiz am stärksten im Fokus stehende, neue Qualifikation im Zusammenhang mit KI in der höheren Berufsbildung ist der eidgenössische Fachausweis für den "AI Business Specialist".

Dieser Abschluss wurde von ICT-Berufsbildung Schweiz in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entwickelt und hat kürzlich das grüne Licht vom Bund erhalten.


Titel: AI Business Specialist mit eidgenössischem Fachausweis (Berufsprüfung).

Rolle: Der AI Business Specialist agiert als Brückenbauer zwischen Technologie und Business.


Aufgaben:

• Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen systematisch erkennen und bewerten.

• Strategien und Governance-Konzepte für den verantwortungsvollen KI-Einsatz entwickeln.

• KI-basierte Lösungen in Geschäftsprozesse integrieren, Projekte steuern und Change-Prozesse begleiten.

• Entscheidungsträger bei technischen, sozialen und ethischen Fragen rund um KI beraten.


Zielgruppe: Die Weiterbildung richtet sich an Berufsfachleute aus Wirtschaft, Technologie und Verwaltung, die bereits Berufserfahrung haben und sich an der Schnittstelle von Fachbereich und IT bewegen.


Zeitrahmen: Die erste Berufsprüfung ist für Herbst 2026 geplant.


Obwohl es sich nicht um eine klassische Berufslehre (Berufliche Grundbildung mit EFZ) handelt, sondern um eine Weiterbildung in der höheren Berufsbildung, ist dies die wichtigste, formalisierte neue Qualifikation in der Schweiz, die direkt auf die Anwendung von KI in der Wirtschaft abzielt.


Warum nutzen viele Unternehmen junge gut ausgebildete Profis in Praktika aus anstatt ihnen eine echte Arbeitsstelle zu geben?


Die Praxis, junge, gut ausgebildete Fachkräfte in Praktika anstelle von Junior-Stellen zu beschäftigen, resultiert oft aus einer Kombination von Kostenersparnis, Flexibilität und der Minimierung des Einstellungsrisikos für Unternehmen.

Dies kann, insbesondere bei überlangen oder schlecht vergüteten Praktika, zu einer Ausbeutung führen, die als "Generation Praktikum" kritisiert wird.


Die Hauptgründe für Unternehmen


Unternehmen nutzen Praktika aus mehreren strategischen und wirtschaftlichen Gründen, um die Lücke zwischen dem Bedarf an qualifizierter Arbeitskraft und den Kosten einer Festanstellung zu schließen.


Kostenvorteil und Budget-Management


• Geringere Lohnkosten: Praktikanten, insbesondere Pflichtpraktikanten während des Studiums, haben oft keinen Anspruch auf den Mindestlohn oder werden nur sehr gering vergütet. Dadurch können Unternehmen Aufgaben auf hohem Niveau zu deutlich niedrigeren Personalkosten erledigen lassen.

• Weniger Sozialleistungen: Bei Praktikanten entfallen in der Regel Kosten für umfangreiche Sozialleistungen, Altersvorsorge oder andere Benefits, die bei regulären Angestellten üblich sind.

• Kein Headcount: Praktikantenstellen werden oft nicht als "Headcount" (festes Budget für Vollzeitstellen) im Personalplan geführt, was es Managern ermöglicht, zusätzlichen Personalbedarf schnell und außerhalb des regulären Budgets zu decken.


Flexibilität und Risikominimierung


• Befristete Verträge - Praktika sind per Definition zeitlich begrenzt (meist 3 bis 12 Monate). Das erlaubt Unternehmen maximale Flexibilität, um auf schwankende Auftragslagen oder saisonale Spitzen zu reagieren, ohne langfristige Kündigungsrisiken einzugehen.

• "Günstige Probezeit" - Ein Praktikum dient als ausführliche Testphase (bis zu einem Jahr), um die fachliche Eignung, Soft Skills und die Passung zur Unternehmenskultur ohne das volle Einstellungsrisiko einer Festanstellung zu prüfen.

• Einarbeitungsaufwand - Wenn ein Praktikant bereits qualifiziert ist (z.B. ein Master-Absolvent), können Unternehmen ihn sofort für anspruchsvolle Aufgaben einsetzen, ohne viel in eine langfristige Einarbeitung investieren zu müssen.


Bewerbermarkt und Erwartungen


• Hohes Angebot - In vielen beliebten Branchen (z.B. Medien, Marketing, Beratung) übersteigt die Zahl der hochqualifizierten Bewerber für Junior-Stellen die verfügbaren Positionen.

• Nachfrage nach Erfahrung - Unternehmen verlangen selbst für Junior-Positionen oft praktische Berufserfahrung. Da diese nach dem Studium fehlt, werden Praktika von Bewerbern oft als notwendiges Karrieresprungbrett akzeptiert, selbst wenn sie unterbezahlt sind.

• Ersatz für Junior-Positionen - Teilweise werden Praktikanten direkt eingesetzt, um Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich auf Junior- oder Assistenz-Niveau angesiedelt sind. Der Praktikant erhält dafür nur wenig Geld und keinen vollwertigen Jobtitel, das Unternehmen bekommt jedoch die volle Arbeitsleistung.


Die Problematik der Ausbeutung


Wenn Unternehmen Praktikanten nicht primär zur Ausbildung und zum Sammeln von Lernerfahrungen einsetzen, sondern als billigen Ersatz für reguläre Arbeitskräfte, spricht man von missbräuchlichen Praktika oder Ausbeutung.


Anzeichen dafür sind


• Mangelnde Lerninhalte - Der Praktikant führt primär repetitive oder anspruchslose Tätigkeiten (Kaffeekochen, Ablage) oder, im Gegenteil, Aufgaben mit voller Verantwortung ohne entsprechende Vergütung aus.

• Serienpraktika - Hochqualifizierte Absolventen werden über Jahre hinweg von einem Praktikum ins nächste geschickt, ohne jemals eine Festanstellung zu erhalten.

• Geringe oder keine Bezahlung - Die Vergütung steht in keinem Verhältnis zur geleisteten Arbeit und der Qualifikation des Praktikanten.


Fazit: Es ist dringend notwendig, die Absolventen von Lehrgängen in Studium/Berufsbildung fachlich auf die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen im Berufsleben durch KI und einen immer mehr auf betriebswirtschaftliche Effizienz getrimmten Arbeitsmarkt vorzubereiten, mit Fokus auf die Chancen, aber auch mit kritischem Blick.

Wer gegenwärtig Probleme nach Studium/Berufsbildung bei der Stellensuche Probleme hat, kann sich auf dem Weiterbildungsweg bzw. in Kursen Kompetenzen in KI aneignen, die ihm gegenüber Mitbewerbern einen Vorsprung sichern.


Es wird „Verlierer“ geben


Die Arbeitslosenquote beginnt schon jetzt, durch KI zuzunehmen. Und darin sind die Ausgesteuerten nicht eingerechnet.


*)

Zum Artikel von 20 Minuten…

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